Schneller 3D-Druck von kleinen und komplexen Bauteilen aus Glas – Electrosuisse
26. April 2022

Schneller 3D-Druck von kleinen und komplexen Bauteilen aus Glas

Wegen seiner herausragenden Transparenz sowie der Stabilität beim Kontakt mit Hitze oder Chemikalien ist Glas für viele Hightech-Anwendungen relevant. Herkömmliche Verfahren zur Formgebung von Glas sind aber oft langwierig, energieintensiv und stossen bei kleinen und komplizierten Bauteilen schnell an ihre Grenzen.

Freiburger Forscher haben in Kooperation mit der University of California ein Verfahren entwickelt, mit dem sich sehr kleine Bauteile aus transparentem Glas schnell und präzise per Mikro-3D-Druck herstellen lassen. Mögliche Anwendungen sind etwa Komponenten von Sensoren und Mikroskopen, aber auch von Chiplabor-Systemen. Die neue Technologie basiert auf so genannten Glassomer-Materialien, diese bestehen aus Glaspulver in einem speziellen Kunststoff-Binder. Diese Komponenten kommen in einen Ofen, wodurch der Kunststoff verbrennt und das Glas gesintert, also verdichtet wird. Am Ende bestehen die Bauteile aus 100% hoch transparentem Quarzglas.

Diese Glassomer-Materialien kombinierten die Freiburger Forscher und Forscherinnen nun mit einem neuen 3D-Druckverfahren, das an der University of California entwickelt wurde. Herkömmliche 3D-Printer drucken ihre Objekte Schicht für Schicht – bei dem neuen, Computed Axial Lithography (CAL) genannten Verfahren entsteht das Bauteil in nur einem einzigen Schritt: Ein Gefäss mit flüssigem, lichtempfindlichem Material wird hierfür aus verschiedenen Winkeln mit zweidimensionalen Lichtbildern des zu druckenden Objekts belichtet. Wo die Bilder sich überschneiden und die absorbierte Lichtmenge dadurch lokal einen gewissen Schwellwert überschreitet, härtet das Material schlagartig aus – innerhalb weniger Minuten ist das Bauteil geformt. Das überschüssige, noch flüssige Material kann abgewaschen werden.

Dieses Verfahren funktioniert grundsätzlich auch mit Glassomer-Material. Die Freiburger Forscher und Forscherinnen entwickelten hierfür ein Material aus Glaspulver und Kunststoff, das sowohl sehr lichtdurchlässig ist als auch bei einem geeigneten Schwellwert schnell aushärtet. Bisher sei das Verfahren allerdings nur für grobe Strukturen geeignet gewesen. Durch die Kombination der materialwissenschaftlichen Expertise an der Universität Freiburg und des Projektpartners Glassomer GmbH sowie der Weiterentwicklung der Anlagentechnik an der University of California sei es jetzt gelungen, diese Technologien zu vereinen und zu verbessern. So konnte erstmals in wenigen Minuten Glas mit Strukturen im Bereich von 50 Mikrometer gedruckt werden, das entspricht etwa der Dicke eines Haares.

Mögliche Anwendungen des Herstellungsverfahrens wäre zum Beispiel in mikrooptischen Komponenten von Sensoren, Virtual-Reality-Headsets und Mikroskopen. Auch für so genannte Lab-on-a-Chip-Systeme für Forschung und medizinische Diagnostik werden mikroskopisch kleine Flüssigkeitskanäle benötigt. Diese bestehen bisher meist aus Kunststoffen, die hohen Temperaturen und aggressiven Chemikalien aber oft nicht standhalten. Durch die neue Prozesstechnik lassen sich nun auch komplexe Kanalsysteme in Glas herstellen. Dank der thermischen und chemischen Stabilität von Glas eröffnen sich hiermit also viele neue Anwendungsfelder.