Grüne Elektronik – Electrosuisse
9. Mai 2023

Grüne Elektronik

Kann man aus Cellulosefasern Leiterplatten herstellen, die den ökologischen Fussabdruck von Computern verringern? Seit vielen Jahren forscht Thomas Geiger auf dem Gebiet der Cellulosefibrillen. Cellulosefasern wachsen CO2-neutral in der Natur, verbrennen ohne Rückstände und sind sogar kompostierbar.

Thomas Geiger hatte bereits Computerplatinen aus Cellulosefasern hergestellt und deren biologischen Abbau untersucht. Die Bio-Fasern ergeben mit Wasser vermischt einen dickflüssigen Schlamm, der sich in einer Spezialpresse entwässern und verdichten lässt. 20 Versuchsplatinen wurden hergestellt, die diversen mechanischen Tests unterworfen und schliesslich mit elektronischen Komponenten bestückt wurden. Der Versuch gelang, und die Celluloseplatine gab nach wenigen Wochen in der Natur die aufgelöteten Bauteile wieder frei.

Diese Erkenntnisse fliessen nun in das EU-Projekt «Hypelignum» ein. Dabei geht es um nachhaltig produzierte Elektronik. An diesem im Oktober 2022 gestarteten Projekt ist ein Forscherkonsortium aus den Ländern Österreich, Slowenien, Spanien, den Niederlanden, Schweden und der Schweiz beteiligt. Im Fokus steht der Versuch, Öko-Leiterplatten aus verschiedenen Materialien herzustellen und zu testen. Neben nanofibrillierter Zellulose (CNF) wird als Basis Holzwolle und Zellstoff aus Pappelholz untersucht. Auch Holzfurnier kommt als Basis für die Platinen zum Einsatz.

Zwei Forschungsabteilungen der Empa arbeiten am Projekt mit. Die Abteilung «Technologie und Gesellschaft» wird mit Hilfe von Material-Datenbanken den ökologischen Fussabdruck der Öko-Leiterplatten berechnen und die einzelnen Konzepte untereinander vergleichen. Die Abteilung «Cellulose & Wood Materials» wird aus nachwachsenden Rohstoffen die Leiterplatten herstellen. Grüne Elektronik ist schon seit längerem ein Forschungsschwerpunkt dieser Abteilung, die bereits diverse gedruckte Elektronikkomponenten aus bioabbaubaren Materialien entwickelt hat, etwa Batterien und Displays.

Die Anforderungen an industriell hergestellte Computerplatinen sind indes nicht trivial: Die Platinen müssen nicht nur eine hohe mechanische Festigkeit aufweisen, sondern dürfen auch in feuchten Bedingungen nicht aufquellen oder bei sehr niedriger Luftfeuchtigkeit Risse bilden. Dazu wird das Material in einer Spezialpresse mit 150 Tonnen Druck entwässert. Dann kleben die Cellulosefasern ohne weitere Hilfsstoffe von allein zusammen. Das Entscheidende dabei ist, bei welchem Druck, welcher Temperatur und für wie lange der Pressprozess stattfinden muss, um optimale Ergebnisse zu erzeugen.

Cellulosefasern können eine sehr gute Alternative zu Glasfaser-Verbundwerkstoffen sein und demnach den ökologischen Fussabdruck von Computern verringern, denn herkömmliche Leiterplatten, auch Platinen oder PCBs genannt (printed circuit boards) sind ökologisch bedenklich, bestehen sie doch meist aus Glasfasern, die in Epoxidharz getränkt werden. Ein derartiger Verbundwerkstoff ist nicht recyclingfähig und kann bislang nur in speziellen Pyrolyseanlagen sachgerecht entsorgt werden.