Expert Talk: Batteriespeicher optimieren – Electrosuisse
6. Juli 2022

Expert Talk: Batteriespeicher optimieren

Im Expert-Talk vom Montag, 4. Juli 2022 berichteten drei hochkarätige Experten über neuste Trends der Batterietechnologie.

Sven Friedel, Physiker und Geschäftsführer der Schweizer Niederlassung von Comsol Multiphysics zeigte, wie verschiedene chemische Batterietechnologien über Simulationen auf Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit optimiert werden können. Digitale Batteriemodelle lassen sich viel schneller optimieren als physische Prototypen, sie müssen die Batteriephysik aber auch an der richtigen Stelle der Rechenmodelle so vereinfachen, dass die Simulationen nicht tagelang dauern – eine Kunst für sich. Abgebildet werden nämlich elektrische, chemische, thermische und mechanische Effekte genauso wie auch verschiedene Lastfälle und auch eine Lebenszyklusbetrachtung zur Batteriealterung. Dank digitalen Zwillingen zur physischen Batterie wird man die Abweichungen von Modellen und der Realität künftig noch breiter nachverfolgen können, was das Lerntempo zur Batterieoptimierung weiter beschleunigen wird. Über Apps werden künftig auch Anwender Einblicke in die Leistung und Alterung ihrer Batterie haben können.

Dominik Eller von der CKW baute eine erste Brücke in die Anwendungspraxis: Grossbatterien im MW-Bereich für den stabilen Netzbetrieb. Solche Systeme sind für Energieversorger wie auch für Industrieunternehmen mit grossem Verbrauch interessant. Der Schlüssel dazu liegt in der gezielten Dimensionierung und Bewirtschaftung der Anlage auf eine jeweilige Netz- oder Verbrauchssituation. Diese zielt auf drei Anwendungsfälle: Peak Shaving (Vermeidung unnötiger Netzausbau), primäre/sekundäre Regelleistung und Spannungshaltung. Am Beispiel einer 1.25 MW/MWh Anlage, wie sie bei Arbon Energie seit 2020 im Einsatz steht, wurde vorgerechnet, weshalb sich ein solches Batteriespeichersystem auch finanziell lohne. Die Anschaffungskosten von 900 kCHF und die Betriebskosten von jährlich 30 kCHF ergeben über 15 Jahre Lebensdauer 1.35 MCHF Ausgaben, die über den Einsatz zurückgeholt werden wollen. Das Peak Shaving leistet hier jährlich 40 bis 140 kCHF, die Spannungshaltung je nach Netzumgebung 0 bis 100 kCHF und die Regelleistung 25 bis 110 kCHF, im konkreten Rechenbeispiel also 80+10+40 = 130 kCHF jährlich oder 1.95 MCHF Einnahmen. Entscheidend sei, dass man die Batterien bewirtschafte und stets an die sich verändernde Netzumgebung angepasst einsetze.

Die zweite Brücke zur Praxis baute Torsten Berth von der Firma Haefely: Postautos sollen in Zukunft mit Solarstrom nachhaltig betrieben werden. Ein Sonnendach mit Solarzellen auf der Haltestelle füllt langsam einen stationären Batteriespeicher, der dann mittels Schnellladung innert weniger Minuten das kurz wartende Postauto betanken. Das Lademanagementsystem berücksichtigt Fahrpläne, Wetterdaten, Netztarifdaten und den Energieverbrauch der Busse, um die Ladeleistung der stationären und der mobilen Batterie optimal zu steuern. Das mit der FHNW und weiteren Partnern geführte Pilotprojekt in Brugg ist seit Juni 2021 unterwegs und hat bereits 35’000 km Fahrkilometer mit nachhaltiger Energie versorgt – die Einsparung von jährlich 11’200 Litern Diesel entspricht 36 Tonnen eingespartes CO2. Die PostAuto möchte bis 2024 bereits 100 Fahrzeuge damit betreiben und bis 2040 die gesamte Postauto-Flotte von 2’400 Fahrzeugen umrüsten.

Im Anschluss folgte eine Diskussionsrunde der drei Referenten über gestellte Zuschauerfragen. Die gezeigten Lösungsansätze wurden rasch aufgenommen und weiterentwickelt: Welche Rolle können Second Life Batterien spielen, wie läuft die Entsorgung am Ende der Lebensdauer (Kreislaufwirtschaft), wie ergänzen künftige bidirektional ladbare Fahrzeugbatterien oder auch Sektorkopplung (Wasserstoff) die Grossbatterien, wie überbrücken wir potentielle Mangellagen im Winter am besten, gibt es schon Ansätze, den Batterieeinsatz mit Künstlicher Intelligenz und Maschine Learning weiter zu verbessern – die Fragen hatten für einmal den längeren Atem als der geplante Diskussionszeitraum. Grund genug, dass wir weitere Veranstaltungen für künftige Energielösungen anbieten:

13.07.2022 e-mobile online Forum: Batterien – zwischen Elektromobilität und Wärmepumpe
03.09.2022 e-mobile Infotag mit Probefahrten in Egnach
07.09.2022 Expert Talk online: Energietechnik
14.09.2022 Gebäudetechnik Kongress im Trafo Baden: Kooperation & Reduktion
22.09.2022 Anlagentagung im KuK Aarau: Standortsuche, Frequenzumrichter, Cyberschutz
08.11.2022 EnergieZukunft im KuK Aarau: Energiesysteme und Fachkräfte im Wandel
09.11.2022 Leitungsbau im KuK Aarau: Keynote zum Eurotunnel
22.03.2022 NetzImpuls im KuK Aarau