Tandem-Solarzellen, die zwei verschiedene Perowskit-Halbleiter kombinieren, versprechen hohe Wirkungsgrade und lassen sich mit sehr geringem Energieaufwand herstellen. Zusammen mit Partnern aus Industrie und Forschung arbeitet Prof. Dr. Steve Albrecht am HZB daran, diese Vision zu realisieren.
Seinem Team ist es kürzlich gelungen, eine Vollperowskit-Tandemsolarzelle mit einem zertifizierten Wirkungsgrad von 27,2% herzustellen. Ein Gespräch über die Chance und Herausforderungen der Perowskit-Perowskit-Technologien.
Mit Ihrem Team waren Sie bereits mehrfach an Weltrekorden mit Tandem-Solarzellen beteiligt. Warum sind Tandem-Solarzellen so ein spannendes Forschungsthema?
Steve Albrecht: Schon heute zählt Photovoltaik zu den günstigsten Methoden, um nachhaltig Elektrizität zu erzeugen. Die meisten Solarmodule basieren auf Silizium und erreichen Wirkungsgrade von rund 21%. Diese Technologie stösst jedoch bereits an physikalische Grenzen, da sind allenfalls noch kleinere Verbesserungen möglich. Das ist bei Tandem-Solarzellen mit Perowskit ganz anders: Die erste Publikation dazu erschien 2015, und seitdem erleben wir eine rasante Entwicklung hin zu Wirkungsgraden, die deutlich über denen von Silizium liegen.
Wie schafft es eine Tandem-Solarzelle, einen grösseren Anteil des Sonnenlichts in elektrische Energie umzuwandeln?
Eine Tandem-Solarzelle besteht in der Regel aus zwei Halbleitermaterialien mit unterschiedlichen Bandlücken. Der Halbleiter mit einer niedrigeren Bandlücke wandelt eher das rote Licht in elektrische Energie um, während der Halbleiter mit grösserer Bandlücke eher das blaue Sonnenlicht umwandeln kann. Dadurch steigt der Wirkungsgrad deutlich an. Wir können uns vorstellen, später nicht nur zwei oder drei, sondern viele verschiedene Halbleiterschichten übereinander zu stapeln, um höhere Wirkungsgrade zu erreichen.
Was ist der besondere Charme einer Tandem-Solarzelle aus zwei unterschiedlichen Perowskit-Materialien?
Die hybriden organischen-anorganischen Halbleitermaterialien aus der Perowskit-Familie besitzen interessante Eigenschaften: Ihre Bandlücke lässt sich sehr gut beeinflussen, und zwar über Veränderungen der chemischen Zusammensetzung. Wir kombinieren ein Perowskit-Material mit niedriger Bandlücke mit einem zweiten, das eine hohe Bandlücke besitzt. Dafür tauschen wir zum Beispiel das Element Blei teilweise durch Zinn aus, was die Bandlücke auf etwa 1,25 eV reduziert. Dieses Material kombinieren wir dann mit einer Perowskit-Absorberschicht mit einer besonders grossen Bandlücke von etwa 1,8 eV, die wiederum viel Brom enthält. Die verschiedenen Perowskite haben aber auch hervorragende optische und elektrische Eigenschaften, wodurch sich hohe Wirkungsgrade erzielen lassen. Rein theoretisch wären sogar Tandem-Wirkungsgrade von weit über 40% möglich.
Warum eignen sich Perowskit-Materialien so gut?
Die Eigenschaften von Perowskit-Halbleitern lassen sich nicht nur auf die jeweiligen Anforderungen anpassen, es gibt schon jetzt verschiedene kostengünstige und grossflächige Fertigungsverfahren. Damit ist es möglich, beliebig geformte PV-Zellen zu produzieren oder Solarmodule auf biegsamen Unterlagen. Da sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Zudem kostet die Produktion von reinen Perowskit-Tandem-PV-Modulen nur sehr wenig Energie. Solche Module haben also schon per se einen geringeren CO2-Fussabdruck als zum Beispiel Silizium-basierte Solarmodule, die man derzeit am Markt erhält.
Wie hat die Arbeit an Vollperowskit-Tandemsolarzellen begonnen?
Der Startschuss war das HIPSTER-Projekt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. Der Name passt natürlich super zu unserem jungen Team hier in Berlin, wir haben ihn aus Buchstaben in diesem Forschungsvorhaben zusammengesetzt. Bereits in der ersten Phase von HIPSTER haben wir gezeigt, dass wir hocheffiziente Tandemsolarzellen entwickeln können. Hier haben wir auch die von uns entwickelten selbstorganisierte Monoschichten (sogenannte SAMs) eingesetzt, die hohe Wirkungsgrade ermöglichten. In der zweiten Projektphase wollen wir die Stabilität der Vollperowskit-Tandemsolarzellen weiter verbessern. Dafür müssen wir herausfinden, wo es zu elektrischen Verlusten kommt, etwa an Grenzflächen und Kontaktmaterialien innerhalb des gesamten Tandemstapels. Am Ende dieses Grundlagenprojekts möchten wir die Stabilität der Vollperowskit-Tandemsolarzellen durch das bessere Verständnis der Degradationsprozesse deutlich erhöhen. Wir erwarten, dass diese Tandemzellen ähnliche Wirkungsgradwerte wie Tandemzellen aus Silizium und Perowskit erreichen.
Ausserdem sind Sie mit Ihrem Team an einem EU-Projekt zu Vollperowskit-Tandemzellen beteiligt. Worum geht es da?
Da denken wir noch etwas grösser und arbeiten dafür mit europäischen Partnern aus Wissenschaft und Industrie zusammen. Im Projekt SuPerTandem wollen wir gemeinsam mit Partnern aus acht Ländern eine preiswerte Photovoltaiktechnologie mit geringem CO2-Fussabdruck entwickeln. Dafür eignen sich Vollperowskit-Tandemzellen, die auf flexiblen Substraten mit Druckverfahren hergestellt werden können, perfekt. Ganz konkret wollen wir dazu beitragen, ein Perowskit-Tandemmodul auf 10×10 cm2 mit einem Wirkungsgrad von über 30% zu entwickeln.
Bislang gelten Perowskit-Solarzellen noch als recht empfindlich. Wie lange werden sie funktionieren und was soll mit solchen Modulen passieren, wenn sie ausgedient haben?
Bei der Langzeitstabilität hat sich bereits sehr viel verbessert. Wir streben Stabilitäten an, die gleichauf mit denen etablierter Silizium-Module liegen. Mehrere Projektpartner arbeiten auch an Recycling-Konzepten. Das Ziel ist eine geschlossene Kreislaufwirtschaft für Vollperowskit-Tandemmodule.
Wie gut sind Vollperowskit-Tandemsolarzellen aktuell?
Der bisher höchste gemeldete Wirkungsgrad für Tandemsolarzellen, die ausschliesslich aus Perowskiten bestehen, liegt bei 28,0%. Dazu sind allerdings noch keine wissenschaftlichen Details veröffentlicht. Uns ist es kürzlich gelungen, mit einer komplett am HZB entwickelten und von Postdoc Dr. Fengjiu Yang hergestellten Vollperowskit-Tandemsolarzelle einen zertifizierten Wirkungsgrad von 27,2% zu erreichen. Dieser Wert liegt sehr nah an der Bestmarke und wir haben bereits Ideen für weitere Verbesserungen. Wir gehen davon aus, dass durch weitere Optimierungen mit dieser Technologie Wirkungsgrade von 33% realistisch sind.