NetzImpuls Rückschau vom 19. März 2019

Make, Pool or Buy? Netz und Energie im Wandel.

In Aarau fand erneut eine gemeinsam mit CIGRE und der HSLU gestaltete NetzImpuls Fachtagung statt. Die Systemsicht auf Netztechnologie und Energiemärkte stiess mit 140 Teilnehmenden und mehreren technischen Ausstellern auf reges Interesse.

NetzImpuls 2019

In gemeinsamen Keynotes zum Trend-Energieträger Wasserstoff wurden die Chancen der Sektorkopplung stärker ins Bewusstsein gerückt. Gerade für Lastwagen, bei welchen grosse mitzuführende Batterien problematisch sind, bieten sich hier gute Alternativen an – die allerdings zur Einführung auch Markterleichterungen erfordert (Befreiung von der Mineralölsteuer und LSVA) sowie ein leistungsfähiges und für eine effiziente Produktion genügend zentralisiertes H2-Tankstellennetz.

Der Technologiestream fokussierte anschliessend auf die Kommunikation zwischen zentralen Leitstellen und dezentralen Smart Komponenten, sowie integrierenden Data Clouds entlang dem Slogan «Make, Pool or Buy?». Lokale Messung und Steuerung im Kontext global vernetzter Intelligenz also. Als schönes Praxisbeispiel zeigte die Partnerschaft von BKW und den Jungfraubahnen, wie man Skaleneffekte im Alltag gemeinsam nutzen kann, aber dafür auch zunächst sehr unterschiedliche Unternehmenskulturen annähern musste. Swissgrid zeigte auf, dass Marktregeln die physikalische Netzrealität stärker berücksichtigen sollten, und dass diese künftig deutlich mehr und schnellere Interaktions-Kommunikation brauchen wird. EBM (heute Primeo Energie) erzählte über ihre Erfahrungen mit dem breiten Rollout von Smart Metern, der deutlich mehr auf ICT Betriebskosten achtet als auf die Investitionsseite. Danach motivierten Siemens wie auch BKW, mit Metering deutlich mehr zu tun als nur messen, um ökonomische Vorteile zu erschliessen. Aber nicht zwingend über den Zähler eines EVUs, dieses braucht eigentlich nur standardisiert abgreifbare Betriebsdaten einer ohnehin dezentral vorhandenen Smart Unit. Supercomputing Systems ging mit einem Peer-to-Peer-Energiemarkt und mit Blockchain gleich noch einen Schritt weiter in die Zukunft, zu der sich auch EKZ Gedanken gemacht hat, um Kunden mit verfügbarer Flexibilität für die Netzstabilität einzubinden. Abschliessend erläuterte das BfE den Beitrag zur Netzstabilität mittels einer Speicherreserve.

Der Flexibilitätsstream durfte vor grossem Publikum und vollem Saal stattfinden – zum zweiten Mal im Rahmen der Netzimpulstagung. Thematisiert wurden dabei die Auswirkungen der absehbaren Elektromobilität, die Integration von Tertiärregelmarkt und Redispatching, Spannungshaltung im Übertragungsnetz, Laststeuerung beim Endkunden, die kürzlich abgeschlossene Vernehmlassung zur Speicherreserve, Geschäftsmodelle auf der Basis der Blockchain-Technologie, Flexibilität als Angebot für VNBs und Bereitstellung von Flexibilität mit neuen erneuerbaren «Energiequellen». Themen also, bei denen noch vieles im Fluss ist, mit Chancen und Risiken für die involvierten Marktteilnehmer.

Das Thema Mobilität griff The Mobility House mit einem Vortrag zu Elektromobilität auf, mit einem vertiefenden Blick auf die Potentiale von Grid to Vehicle und Vehicle to Grid, die an konkreten Beispielen aufgezeigt wurden.

Die Weiterentwicklung der Flexibilitätsmärkte wurde als erstes im Vortrag von Swissgrid aufgegriffen, mit dem Thema eines integrierten Tertiärregelungs- und (international zonalen) Redispatch-Marktes, welcher in 2019 eingeführt werden soll. In einem zweiten Vortrag präsentierte Swissgrid das Thema Spannungshaltung im Übertragungsnetz, welches angesichts steigender Spannungshaltungsverletzungen im Schweizer Übertragungsnetz an Bedeutung gewinnt. Ein neues Anreizsystem für VNBs wird dem ab 2020 schrittweise Rechnung tragen.

Nach der Mittagspause starteten die EKZ mit der Frage, ob Netzbetreiber überhaupt noch Lasten von Kunden steuern dürfen – eine Problematik, der mit einer angepassten Tarifordnung begegnet wird.

Anschliessend gab das BFE einen Einblick in den aktuellen Stand der Vernehmlassung um die Thematik Speicherreserve, welche im Rahmen der aktuellen Revision StromVG eingeführt werden soll. Fleco Power präsentierte das Projekt OptiFlex. Das Projekt implementiert ein System zur Steuerung von Anlagen in der Netzebene 7 zur Erbringung von Flexibilitätsdienstleistungen, und berücksichtigt insbesondere die Frage der Eigentümerschaft von Flexibilität. Seit Februar dieses Jahres liefert es als Feldversuch Resultate. Den Abschluss der Vortragsreihe machte die Hochschule für Technik und Architektur in Freiburg mit einer Evaluation des Regelbedarfs für Frequenz- und Spannungsregelung am Beispiel der Windparks Chaumont und Bullet und einer 5.44 MVA PV Erzeugungsanlage in Payerne.
Am Schluss der Tagung bedankte sich Prof. em. Klaus Fröhlich für die ihm verliehene Swiss CIGRE Medal, basierend auf einer internationalen Ehrung, für seine jahrelangen grossen Beiträge für die weltweite Entwicklung der Stromnetze. Dann erfolgte ein Schwenker zurück auf den wohl künftig am schnellsten wachsenden elektrischen Verbraucher neben Wärmepumpen, die Elektromobilität: Der Swiss E-Mobility Hub mit 280 Ladestationen – davon 60 Schnelllader – an der A2 bereitet unsere Infrastruktur mit einem signifikanten Beitrag visionär auf die effiziente Mobilität der Zukunft vor.